Baltische Staaten – Ostseeküste

Estland, Lettland und Litauen

Jetzt sind wir mal wieder am Meer. Die Ostsee. Der Campingplatz liegt in einem Wandergebiet. Heute werden wir den Rundweg an der Küste am Naturschutzgebiet entlang machen.

Angegeben mit rund 15 km. Wir fahren mit den Motorrädern zum Startpunkt. Aus Vereinfachungsgründen die kurze Hose unter der Mopedhose, damit man nicht immer den Hintern auf dem Parkplatz blank zieht.
Wir fahren die kleinen Straßen entlang. Hier sieht man hauptsächlich Holzhäuser. Der finnische Einfluss sichtbar. Die Gärten sind gepflegt und hübsch angelegt.

Der Parkplatz ist schnell erreicht, die Turnschuhe angezogen. Der Weg führt uns direkt am Wasser entlang, allerdings versperren Bäume den Blick. Wenn die Bäume dann den Blick freigeben sieht man den Steinstrand und viele große Steine, die aus dem Wasser herausragen. Das habe ich in der Form noch nicht gesehen. Wirklich schön. Was nicht so schön ist, ist der Geruch. Es stinkt einfach. Hoffentlich begleitet uns dieser Geruch nicht die ganze Wanderung…Wir machen einen kleinen Abstecher auf eine Landzunge. Hier sind keine Bäume, dafür Schilf und Gräser. Viele Vogelarten sind hier vertreten und der gesamte Bereich steht unter Naturschutz. Über Steine kann man zu einer kleinen Insel gelangen. Diese Insel darf aber nur von Ornithologen betreten werden. Wir gehen bis zu dem offiziellen Schild. In der Ferne sehen wir zwei bunte Punkte in dem geschützten Bereich und denken uns nur, das irgendjemand wohl ein Schild nicht lesen konnte. Vielleicht war die Landessprache nicht dabei.


Micha entdeckt auf dem Wasser einen Haubentaucher mit seinem Nachwuchs. Und wieviele das sind! Wahnsinn. Zählen nicht möglich, da sie die Formation beim schwimmen verändern und gelegentlich auch auf der Mutter platz nehmen. Wirklich niedlich. Leider haben wir kein scharfes Bild. Micha war so lieb und hat mir sein Tele-Objektiv gegeben, aber meine Hand ist einfach noch nicht ruhig genug für solche Aufnahmen. Aber: üben, üben, üben.

Die bunten Punkte die wir im geschütztem Bereich gesehen haben entpuppen sich dann als ein Schweizer Ehepaar, die eine Sondergenehmigung haben um das Naturschutzgebiet zu betreten. Sie sind Ornithologen und erzählen uns ein wenig über die Vögel. Man merkt den Beiden die Begeisterung an… aber über die bunte Kleidung wundern wir uns dann doch ein wenig. Wäre für die Vogelbeobachtung nicht dezentere Farbe besser??? Na ja. Wir gehen dann mal weiter.

Die Wanderung führt uns weiter an der Küste entlang. Auch hier sind meistens Bäume vor dem Strand, man sieht die See immer ein wenig durchblitzen. Gelegentlich öffnet sich der Wald und man gelangt direkt an den Steinstrand. Zum Glück riecht es hier nicht mehr so intensiv.

Rechts das Wasser, links der Wald. Das Licht fällt auf die ganzen Blaubeersträuche am Boden. Durchbrochen von den Schatten der Bäume. Einfach schön.

Dann öffnet sich der Wald und man kommt wieder an einen Steinstrand. Im Wasser gibt es nicht viel zu beobachten. Hauptsächlich Algen. Gelegentlich ein kleiner Fisch. Aber es fasziniert mich und ist unheimlich beruhigend.

Nach der Wanderung – die aufgrund einer Übungseinheit Makrofotografie doch ein wenig länger wurde – geht es noch fix zum einkaufen.

Ich staune jedesmal darüber, wie hier die Einkaufsmärkte sind. Still und dezent fügen sie sich in das Stadtbild (manchmal so dezent, das wir daran vorbei fahren). Kein Lidl, Aldi oder sonstiges. Nein, kleine Märkte, die von jedem etwas haben. Hier fällt uns auf, das die Preise bezüglich der Lebensmittel der in Deutschland relativ ähnlich sind. Milchprodukte sind teilweise teurer. Aber ansonsten vergleichbar. Leider ist das Brot hier sehr weich und fluffig. Wie Toastbrot. Gelegentlich haben wir Glück und erwischen ein etwas festeres Brot. Doch leider sind diese meistens ausverkauft. Woran das wohl liegt?!?
Heute Abend wird gegrillt. Micha hat einen Einweggrill entdeckt. Endlich FLEISCH für mein Schatz!
So so, FLEISCH für deinen Schatz. Von mir wurden die Würste in den Einkaufskorb gelegt und von wem kam nochmal der Schweinebauch?? 😉 Also FLEISCH für meinen Schatz 🙂

Und Knobibämme!!! Schön, das wir Beide das gerne haben. Einfach ein Brot rösten, eine Knoblauchzehe auf dem gerösteten Brot hin und her rubbeln, etwas Salz und „Guten Appetit“.

Wie berichtet hat der Campingplatz überall verstreut kleine Hütten. In der Einen gibt es WC und Dusche, in der nächsten Hütte Abwaschgelegenheit und große Duschen. Dann gibt es eine Sauna und und und. Wirklich nett gemacht. Auch gepflegt. Dann sehen wir einen Zugang zum Meer und ich bin wirklich begeistert. Weißer, fester Sandstrand. Die Wellen rollen sanft auf den Strand. Man kann weit in die See reinlaufen, da sie nur langsam tief wird. Und keine Algen. Das ist für mich ein schöner Strand, zum anschauen.

Jetzt aber genug für heute. Morgen geht die wilde Fahrt Richtung Tallinn. In Tallinn soll es sogar einen Campingplatz geben. Da sind wir gespannt.Die Anreise nach Tallinn geht entlang der Küste. Wir haben nach Möglichkeit die direkt am Meer laufenden Straßen gewählt. Ob Schotter oder Asphalt ist uns mittlerweile egal. Die ersten Kilometer sind wirklich klasse. Von der See sieht man nicht viel, da immer wieder Bäume davor sind. Aber die Straßen sind nicht so groß und breit. Die kleinen Dörfer sind wirklich goldig. Meistens bestehen diese aus drei oder vier Häuser. Gelegentlich gibt es auch eine Schule oder ein Spielplatz. Kaum doppelstöckigen Häuser. Meistens ebenerdig.
Das Navi führt uns durch diese kleinen Wege, allerdings nehmen wir dann gewisse Abzweige nicht, da die Straßen sehr klein sind. Die sehen eher aus wie Forstwege. Das muss dann nicht wirklich sein. Außerdem haben wir Zeit, da können wir auch einfach ein wenig weiter fahren und eine bessere Straße wählen.
Dann kommen wir auf die letzten Kilometer an der Küste. Man merkt, das wir uns einer Großstadt nähern. Die Straßen werden größer und der Verkehr nimmt zu. Dann schlägt uns mal wieder der altbekannte Geruch des Meeres in den Helm. Oh je. Wenn das jetzt den ganzen Küstenstreifen so lang riecht…. gibt es keine Umluft für Helme?
Die letzten Bäume verschwinden und geben den Blick auf Tallinn frei. Man sieht von hier aus den Hafen. 5 große Kreuzfahrtschiffe liegen im Hafen.
Der Campingplatz liegt relativ nah am Zentrum. Wir fahren eine kleine Straße rein und Micha sagt über Funk: „Ich glaube kaum, das hier ein Campingplatz ist“. Das Navi führt uns dann auf einen Hinterhof von einer Firma. Da sieht Micha auch das Schild von dem Platz. Einmal noch um die Ecke des großen Gebäudes…. und wir sind da… und ich falle fast vor lachen vom Motorrad. Ich habe schon vieles an Campingplätzen gesehen, aber der hier ist der Renner unter den Stadtcampingplätzen. Umsäumt von großen Wohnblöcken auf der linken und rechten Seite. Die „Zeltwiese“ befindet sich auf einem 6 m breiten Grünstreifen zwischen zwei Hallen. Na immerhin. Micha geht rein um sich zu erkundigen, wie teuer etc. Da ich meistens ein wenig länger zum austüdeln meiner Sachen brauche, folge ich kurze Zeit später. 15 € kostet der Platz. „Dann bleiben wir zwei Nächte? Was meinst Du?“… ich platze fast vor lachen. Ich muss mich echt zusammenreißen. Ich glaube mein Grinsen geht von einem Ohr zum Anderen als ich sage: „Ja, hilft ja nix.““ Der junge Mann in der Rezeption sagt nur, das er das verstehen kann. Ebenfalls mit einem Grinsen. Dann sagt er uns, das es einen Campingplatz außerhalb gibt, man aber direkt mit dem Zug nach Tallinn fahren kann. Er sucht uns die Adresse raus, tippt es kurz in Maps.me ein. Klasse. Zwar nicht gerade geschäftsfördernd, aber menschenfreundlich. Wir gehen zu den Motorrädern, Micha macht das Navi startklar und ich ein Foto und einen Kurzfilm.

(Dort habe ich gedacht, das es nicht schlimmer kommen kann mit einem Campingplatz in der Stadt… wie man sich täuschen kann… es kam schlimmer… aber dazu später mehr….).
Die Fahrt führt uns aus der Stadt raus auf das Land. Wir finden den Campingplatz. Ein großer Platz, sehr aufgeräumt. Keine großen Bäume. Aber er macht einen guten Eindruck. Begrüßt werden wir von einer Dame, die sehr gut Deutsch spricht. Sie hat Deutsch studiert erzählt sie. Unter anderem. Sie kann auch Russisch, Französisch und Englisch. „Aber“ sagt sie „Hier sind zwei Herren aus Österreich. Also die verstehe ich nicht. Die können kein Englisch und auch nicht richtig Deutsch.“ Vor lauter Lachen fallen wir fast vom Stuhl.

Wir finden einen Platz mit einer Sitzgelegenheit direkt neben dem Zelt. Die Anlage ist modern und gepflegt. Wenn er jetzt noch für Camper große, schattenspendende Bäume hätte und ein etwas besseres W-LAN, wäre es der perfekte Platz. Bäume sind gepflanzt, da der Platz aber erst 2015 eröffnet hat, müssen die noch wachsen.
Das Zelt ist aufgebaut und wir machen noch fix die Wäsche. Hausarbeit muss sein. Zum einkaufen können wir in den nahe gelegenen Ort gehen. Schön, das hier alles fußläufig erledigt werden kann. Am Bahnhof vorbei und schon sind wir am Markt. Als wir mit unserem Einkauf wieder da sind, eben die Wäsche aufhängen und dann essen.

Wir haben uns noch nicht daran gewöhnt, das es so lange hell ist. Um kurz vor 24 Uhr kann man noch Zeitung vor dem Zelt lesen. Somit vergisst man leider oftmals die Zeit und denkt, das ist ja erst um 20 Uhr… und dann ist es schon 22 Uhr…. oder halt 24 Uhr.

Heute besichtigen wir Tallinn. Die Fahrt mit dem Zug ist unkompliziert. Das wird heute eine entspannte Tour in die Stadt.

Die Tickets kauft man direkt im Zug. Eine Dame flitzt hin und her und verkauft die Tickets. Ein moderner und sauberer Zug. So macht Bahn fahren auch Spaß. Als wir in Tallinn ankommen, lacht uns die Sonne in das Gesicht und wir freuen uns auf die Altstadt.
Wir wussten, das hier viele Touristen sind und – dank unserer hervorragenden Planung – sind wir irgendwie immer am Wochenenden zur Stadtbesichtigung. Wir haben das echt drauf! Aber es ist auch irritierend. Hier haben die Geschäfte sieben Tage die Woche auf. Von 7 Uhr morgens bis 22 Uhr am Abend. Da kommt man einfach mit den Tagen durcheinander.

Tallinn ist schön. Wir streifen durch die Straßen, schauen hier und da.

Auf der Rückfahrt machen wir einen Zwischenstopp an einem Einkaufszentrum. Hier gibt es einen Outdoorladen und wir brauchen Flickzeug. Die Matratze lässt immer noch Luft. Es ist nicht schön, wenn man am morgen aufwacht und wieder einmal Bodenkontakt hat.

Als wir dann auf dem Rückweg sind und auf den Zug warten, sehen wir auf der gegenüberliegenden Seite einen Mann, der zwei Kinderfahrräder „transportiert“… Micha zückt kurzerhand den Foto und er ist auf Foto festgehalten. Respekt, der hat Gleichgewicht…

Wieder angekommen am Zeltplatz möchte Micha noch Routenplanung machen und mich zieht es zu der nahegelegenen Weide. Ich möchte gerne ein wenig fotografieren und ausprobieren. Das Licht ist einfach so schön. Von meinen 100 geschossenen Fotos entscheide ich mich für das hier.

Auf dem Rückweg sehe ich meinen Micha Navigator ganz versunken in der Planung. Es soll an der Küste weiter gehen und dann auf die Insel Hiiumaa und dann weiter auf die nächste Insel.

Abreise. Reif für die Insel heißt es heute. Gepackt ist schnell, das Zelt ist trocken, wir freuen uns auf die Weiterfahrt. Aber die Frau von Welt achten immer auf ihr Äußeres. Und ein Spiegel findet sich immer irgendwo.

An der Campingausfahrt geht es gleich rechts und keine 50 m weiter ist schon wieder Schotter. Aber dieser weiche, böse Schotter. Frisch aufgeschüttet. Man hat das Gefühl, das man hier „schwimmt“. Wenn das mal 100 m ist, ok, aber natürlich ist das die ganze Straße entlang und diese geht doch ein paar Kilometer. Also, entspannt und locker auf dem Motorrad sitzen. Diesen kurzen Moment „Ich will nicht mehr, ich bleib jetzt einfach stehen, so ein Dreck“ verfliegt, man muss da durch. Laufen ist auch doof. Kurz in Gedanken in den Helm geflucht und auch diese Straße hat dann ein Ende. Heile angekommen. Es geht auf Asphalt weiter.

Die Anfahrt zu der Fähre zu der Insel Hiiumaa ist unspektakulär. Von der Küste sieht man nicht wirklich viel. Es sind immer wieder Bäume davor.
Als wir am Fähranleger ankommen sind wir beide überrascht. 15 € kostet die Überfahrt, die über eine Stunde dauert. Da hatten wir mit mehr gerechnet. Keine 20 min später sind wir auf der Fähre. Die Überfahrt erfolgt beim besten Wetter. Was haben wir ein Glück mit dem Wetter, schon seit Tagen. Nachts wird es manchmal noch sehr kalt, aber tagsüber wird es immer wieder warm. Und die Sonne begleitet uns.

Ankunft auf der Insel. Nachdem wir den Bereich der Fähre verlassen kommen wir auf die Vormsi ringtee (Ringstraße) der wir erst einmal folgen. Weite Wiesen, gepflegte Höfe, Wald. Sehr idyllisch und schön anzuschauen. Hier und da sieht man Störche. Wir biegen bald auf eine kleinere Straße, hier geht es zu dem Campingplatz. Man sieht auf der linken Seite die Ostsee. Weißer Strand, Steine, Schwäne. Sehr schön. An der Straße im kniehohen Gras sieht man Kühe und Pferde.
Dann endet die Straße auf einem Parkplatz. Von dem Parkplatz geht rechts ein kleiner Weg zu dem angeblichen Campingplatz. Tja. Es entpuppt sich dann als Platz, der zum freien campen zur Verfügung gestellt wird, ohne jegliche Versorgung bezüglich Wasser, Strom oder ähnlichem. Wenn man das möchte ist es wirklich angenehm. Überdachte Sitzgelegenheiten, Grill- und Feuerstellen. Wir möchten aber einen richtigen Campingplatz. Also fahren wir die Straße zurück. Auf einmal sehe ich links ein Restaurant. Beim Abbiegen hatte ich das Restaurant gar nicht gesehen. Weit und breit habe ich keine Häuser gesehen, aber hier steht ein Restaurant. Verrückt.
Nach ca. 1 km weiter erreichen wir den nächsten ausgeschilderten Campingplatz. Noch ein Restaurant mit angeschlossenem Camping. Überall stehen kleine Hütten. Auf der rechten Seite sehen wir ein Zelt stehen. Schön, also scheint der Platz geöffnet zu haben. Auch wenn niemand kommt. Wir bauen kurzerhand unser Zelt in der Nähe zu dem anderen Zelt auf und inspizieren den Rest des Platzes. Sauber und gepflegt ist es. Leider kein W-LAN. Das vermissen wir in letzter Zeit doch ein wenig.

Eine Stunde später kommt Karl-Heinz mit dem Rad. Er ist der Besitzer des Zeltes und ein Radreisender. Wir sind immer wieder von den Radreisenden beeindruckt. Und dann ist er auch noch alleine unterwegs. Gemeinsam trinken wir einen Kaffee und verbringen den Nachmittag. Die Besitzerin des Campingplatz kommt. 8 € kostet der Platz. Wir wollen eine Nacht bleiben. Sie sagt uns noch, das 800 m die Straße runter eine Einkaufsmöglichkeit ist (auch an dieser Einkaufsmöglichkeit ist man einfach so vorbei gefahren, auf den ersten Blick nicht zu erkennen bzw. beim vorbei fahren). Ob wir Frühstück wollen? Nein, Danke, das möchten wir nicht. Wir genießen unseren Kaffee am Morgen am Zelt. Aber die Idee von der Besitzerin mit Frühstück finde ich gut. Am Abend kommt sie Besitzerin zurück und sagt Karl-Heinz, das sie die Hütte Nr. 9 und 10 für uns öffnet. Es soll in der Nacht windig werden und regnen. Wir dürfen dann gerne in die Hütte. Wir sind positiv überrascht. Was für ein Service und das auch noch ohne Mehrkosten für uns.

Es regnet in der Nacht, aber kaum Wind. Am Morgen regnet es weiter. Wir liegen in unserem Zelt, der Regen prasselt auf das Dach. Es ist warm und wir liegen kuschelig in unseren Schlafsäcken. Was will man mehr? Trocken und warm. Und dann ist heute auch noch mein Geburtstag. Geburtstag in Estland. Das hätte ich mir auch nicht träumen lassen.

Gegen 9 Uhr lässt der Regen nach. Wir kriechen aus dem Zelt und gehen zu Karl-Heinz unter die bedachte Sitzgelegenheit. So eine Sitzgelegenheit hatten wir Beide noch nicht gesehen. Eine Schaukel mit zwei Bänken und einem Tisch. Groß und robust.
Wir trinken gemütlich Kaffee, schnacken und genießen den Tag. Ich schaue immer mal wieder auf das Handy und beantworte meine eintrudelnden Geburtstagsgrüße und freue mich über jede Einzelne riesig. Ich entschuldige mich bei Karl-Heinz und Micha sagt auch, das ich das nicht immer so mache. Aufgrund des heutigen Geburtstages eine Ausnahme.

Immer wieder tröpfelt es vom Himmel und wir beschließen hier zu bleiben. Ab Mittags soll es aufhören mit regnen. Wir sitzen im trockenen, also keine Hektik.

Es gibt eine schöne Feuerstelle und Holz ist auch da, nebst Grillrost. Das Wetter soll besser werden, also beschließen wir zu grillen. Micha und ich schenken uns nichts zum Geburtstag. Wir wollen dann einfach einen Tag gemeinsam verbringen und am Abend schön Essen gehen. Das ist unbezahlbar. Es gibt hier zwar gleich um die Ecke zwei Restaurants, aber mir ist einfach zum grillen zum Mute.

Gegen Mittag hört es auf zu regnen und wir fahren zu der Landzunge um ein wenig zu laufen und vielleicht können wir noch schöne Bilder machen. Kaum geparkt kommt auch schon die Sonne heraus. Es geht durch ein Tor. Hier laufen Pferde frei herum.

Oben mein Foto…

Michas Foto … Frau Meyer und Pferde…

Auf dem Weg zu der Landzunge kommen wir an einem kleinen Blumenfeld vorbei. Ich glaube nicht, das dieses Blumenfeld von anderen wahrgenommen wird. Es sind kleine Pflanzen, aber wunderschön. Also Fotoapparat raus und los geht es.

Micha schnappt sich das Makro. Und macht dieses schöne Bild:

Die Entstehung des Fotos sieht dann übrigens so aus:

Der Weg auf die Landzunge ist anstrengend. Diese losen Steine und dann noch mit Motorradsachen darüber stapfen, das gibt stramme Wadeln.

Auf dem Rückweg halten wir bei dem Laden an und kaufen Holzspieße und ein abgepacktes Fleisch. Vorbereitetes Schaschlik soll es sein. Das Fleisch kommt aus der hiesigen Schlachterei und wurde von dem Restaurant „The Grill“ mariniert, das hier gleich gegenüber ist. Wir sind gespannt. Micha macht Feuerholz und ich bereite die Spieße vor. Es ist so schön einfach und harmonisch. Man genießt die einfachen Sachen. Und ich freue mich, dass das Wetter so gut geworden ist.

Am frühen Abend kommt noch ein Paar mit einem Tandem an. Zwei Lehrer – jetzt Rentner – aus dem Allgäu auf dem Weg zum Nordcap. 10.000 km in 100 Tagen. Hut ab.

Das Essen ist einfach lecker. Die Qualität vom Fleisch ist umwerfend. Wir schlemmen und freuen uns über das gelungene Essen.


Nachdem wir gegessen haben gesellen sich die beiden Tandem Fahrer und Karl Heinz zu uns. Zu fünft sitzen wir gemütlich um das Feuer. Als ich einmal kurz aufstehe um mit meinen Eltern zu telefonieren und wiederkomme, stehen die anderen und ich soll mich setzen. Und was dann kommt, werde ich nie vergessen. Ein Geburtstagsständchen im Kanon. Da bekomme ich jetzt noch Gänsehaut. So schön! Ich Danke Euch hier nochmal dafür!

Weiterreise auf die nächste Insel Saaremaa. Wir fahren aber noch ein Stück über Hiiumaa. Die Straßen sind nicht so groß und es ist angenehm hier zu fahren. Als wir zu dem Fähranleger kommen, steht die Fähre gerade im Hafen. Das passt wieder mal richtig gut.

Auf der Fähre steht noch ein Motorrad. Ein Paar aus Finnland, die Ihren Urlaub hier verbringen. In einem „unbeobachteten“ Moment schaut die Frau meinen Bobber an und schüttelt den Kopf. Innerlich muss ich lachen. Wie viele Menschen habe ich jetzt schon mit dieser Reaktion gesehen? Ich weiß es nicht. Als wir heute Morgen von unserem Campingplatz gefahren sind, haben mich die Campernachbarn auch erstmal beobachtet, wie ich weg fahre und ob ich auch wirklich das „Ding“ fahre. 
Aber zurück zu der Insel Saaremaa. Hier fährt Micha mit mir nach Mustjala. Dort ist ein Aussichtspunkt und eine Sonnenuhr steht an einem herrlichen Ausblick. Die Ostsee bildet hier einen halbrunden Kreis, der türkis/hellblau schimmert. Wirklich ein wunderschöner Ausblick.

Hier ist ein kleiner Stand, der auch Essen anbietet. Wir entscheiden uns, mal zu kosten. Da die Dame keine englisch oder deutsch kann, wird es ein Überraschungsessen. Pelmeenid Hapukoouga und Friikartul Vorstiga sollen es sein. Als erstes kommt das Pelmeenid. Ich würde sagen es ist eine Art Tortellini mit eine Weißwurstfüllung. Wirklich lecker und mit deutschen Worten nicht besser zu beschreiben. Deshalb heißt es ja auch Pelmeenid. 😉 Und es ist umwerfend lecker. Die Friikartul entpuppen sich als Pommes mit Wurst. Uns macht es einfach Spaß so zu bestellen und überrascht zu werden.

Warten auf das Essen… nicht einschlafen 😉

Satt und zufrieden fahren wir am Rand der Insel weiter. Die Hauptstraßen sind alle asphaltiert, also keine Schotterpisten heute. Sehr entspannend. Viel Wald, viel gerade Straße, gelegentlich Aussicht auf das Meer. Am frühen Nachmittag entscheiden wir uns, einen Campingplatz zu suchen. Wir werden fündig. Irgendwo im Nirgendwo. 14€, eine einmalig wunderschöne Dusche.

Plumpsklo, Sauna, Strom und Feuerstelle mit Sitzbank und Sitzkissen. Die Küche ist zur Zeit noch in Arbeit. Der Platz ist wirklich niedlich angelegt. Er vermietet auch Häuschen. Aber heute sind wir die einzigen Gäste.

Das Zelt steht und wir wollen unten an den Steinstrand. An der Kaje die dort ist, soll es auch W-LAN geben. Er erzählt uns, das hier sogar die großen Kreuzfahrer anlegen. Groß ist die Kaje, aber Kreuzfahrer? Der Weg zum Strand gestaltet sich ein wenig schwierig. Einen angelegten Weg gibt es nicht und die Böschung ist steil. Mit kurzem rutschen gelingt es uns ans Wasser zu kommen.
Zum Glück habe ich meine Kamera mit Makroobjektiv mitgenommen. Ich falle vor lauter Freude fast um. Blumen und Schmetterlinge. Hier, direkt vor meiner Nase. Ich vergesse dann wirklich alles um mich und folge den kleinen Schönheiten.

Als ich Micha dann langsam folge, werde ich durch ein leichtes brummen auf eine Blume zu meiner linken aufmerksam. Aus dem Augenwinkel sehe ich, das sich da etwas bewegt. Schnell hin und Kamera angesetzt und los. Ich habe dieses Insekt noch nie gesehen. Als ich das Foto auf dem Rechner anschaue, bin ich hin und weg. Was bin ich für ein Glückspilz. Ein Schwärmer ist es gewesen. Den habe ich vorher noch nicht gesehen.

Glücklich laufe ich zu meinem Schatz und zeige ihm meine „Beute“. Er freut sich für mich. Es ist wirklich schön zu sehen wie sich Kerstin über solche kleinen und einfachen Dinge freuen kann. Es war Gold richtig das sie sich die Kamera gekauft hat, denn mit ihrer alten Kamera war sie für solche Bilder einfach zu langsam und Kerstin hatte damit keinen großen Erfolg. Jetzt macht sie super Bilder und wird immer besser.

Wieder zurück am Platz machen wir uns eine Kleinigkeit zu essen. Micha macht das Feuer an. Dank Tisch und Strom können wir auch mal wieder in Ruhe die Fotos sichern und auch Fotobearbeitung machen. Es ist schön, das wir das gemeinsam machen und machen können.

(Während ich das schreibe, sitze ich in kurzer Hose und Bikini vor dem Zelt, wir haben gerade 32 Grad… schon lustig diese Temperaturunterschiede). Nachdem das Holz verfeuert ist gehen wir noch schön heiß duschen. Die Dusche besteht aus einer Hütte, die einen Steinstrand als Boden hat. Toll angelegt und sehr geräumig. Und wir stören zu später Stunde niemanden, ist ja keiner da. Zum Glück ist keiner da, denn so rennt mein Schatz, weil sie das Handtuch vergessen hatte, nackt zurück zum Zelt um es zu holen. Ich genieße das Schauspiel und freue mich schon auf ihren Rückweg. :-))
Wäre hier kein Plumpsklo, würden wir uns ein wenig länger aufhalten. Aber das hatten wir jetzt in letzter Zeit öfter und wir möchten mal wieder ein richtiges Klo haben. So bleiben wir nur eine Nacht.

Am nächsten Morgen geht es weiter. Micha hat die Route direkt an die Küste gelegt, in der Hoffnung, das wir auch mal was vom Wasser sehen. Und ja, wir sehen was vom Wasser. Ein breiter Schotterweg führt dort entlang und bietet traumhafte Aussichten. Darüber freuen wir uns. Aussicht und Abwechslung, das hatten wir ein wenig vermisst. Aber auch die schönste Strecke endet einmal und geht dann über…. mal wieder …. in eine breite asphaltierte Straße, gerade, Bäume links und rechts…. mal ein paar Häuser, eine Stadt, Bäume, links und rechts. Der Geruch, der einem mal wieder um die Nase weht, der verrät das Meer. Zu sehen ist nichts. Tanken müssen wir aber mal. Und diese Tankstelle ist Museumsreif, läuft aber einwandfrei und Micha fühlt sich in den Osten zurückversetzt.

Über die Insel Muhu, die verbunden ist mit der Insel Saaremaa, geht es zur Fähre, die wieder auf das Festland führt.

Unser Weg führt uns weiter nach Riga. Eigentlich wollen wir einen Zwischenstopp einlegen. Micha hat einen Campingplatz ausfindig gemacht. Dieser hat mal wieder eine Zuwegung, die zum weglaufen ist. Wie ein Forstweg bei uns und dann kommt auch noch ein Hund kläffend auf uns zu. Wir drehen um. Zwischenstopp gestrichen, Riga, wie kommen direkt.

Ankunft in Riga. Citycamping… Erinnert ihr euch noch an meine Aussage bei Citycamping Tallinn… Riga ist noch schlimmer. Und hier gibt es keine Alternative. Und dann auch noch mindestens zwei Nächste, da wir Service für die Motorräder machen lassen wollen.

Aber wir nehmen es mit Humor. Die Camper sind nett, es gibt eine Waschmaschine mit 10 kg Zuladung, so dass ich mal meine Kombi waschen kann und nur 3,50 € kostet (die billigste Wäsche bisher). Die Sanitärräume sind gefühlte 2 km entfernt, aber es gibt 300 m entfernt ein Containerklo und eine Abwaschgelegenheit im Freien. Also, alles da. Und kostet ja auch nur 18,00 € – Angebot und Nachfrage… So ist das halt. Ach ja, W-LAN für 24 h kostet 3,00 € zusätzlich und ohne Empfangsgarantie… das W-LAN ohne uns.

Der nächste Tag führt uns zu BMW. Fröhlich betreten wir die Halle und die nette Dame vom Empfang zeigt uns, wo wir eine Nummer ziehen können, damit wir dran kommen. Wie beim Arbeitsamt. Wir sind ein wenig irritiert. Wozu sitzt dann da noch eine Empfangsdame, wenn das so läuft? Fein artig warten wir das die Nummer 116 aufgerufen wird, Schalter 2. Der junge Mann ist freundlich und hilfsbereit. Allerdings dauert es 45 min, bis er alle Daten in sein System eingegeben hat und bis der Service los gehen kann. Was für eine Bürokratie. Aber wir sind dankbar, denn immerhin kommen wir ohne Termin sofort dran und das ist echt klasse. DANKE BMW Tallinn!!! Wir bekommen einen Getränkegutschein und können in der Lounge warten. Die Lounge befindet sich im 2ten Stock und ist wirklich nett angelegt. Das W-LAN ist – wie immer in den öffentlichen Bereichen – hervorragend. Wir machen es uns gemütlich. Micha erkundigt sich nach Essen und bekommt eine Menükarte. Wir bestellen uns etwas und sind überrascht. Wir tippen beide auf überbackende Aubergine, sicher sind wir aber nicht. Und was ich als Beilage hatte, es war lecker, aber ich weiß es bis heute nicht. Übersetzung war nicht möglich. Selbst mit Translator und Übersetzungs-App. Das alles für richtig kleines Geld. Pro Mahlzeit haben wir nur 3,50€ bezahlt, inkl. einem Getränk.
Gegen 14.00 Uhr sind beide Motorräder fertig. Alles in Ordnung.

Der restliche Tag wird mit „vor dem Zelt hocken, Leute beobachten und lesen“ verbracht. Am späten Nachmittag kommt noch ein Motorradfahrer. Jochen kommt vom Bodensee und macht eine 3 Monatstour. Es wird ein netter Abend mit viel Reiseerlebnissen.

Heute wird Riga angeschaut. Wir laufen die 2 km in die Stadt. Das Wetter ist angenehm. Nicht zu warm und nicht zu kalt.

Der erste Weg führt uns zu den Markthallen. Sie sollen sehr schön sein. Mehrfach wurde uns davon vorgeschwärmt. Und ich bin enttäuscht. Irgendwie hatte ich mir in der Art wie Athen vorgestellt. Es sind viele Hallen und auch vor den Hallen sind noch viele Stände. Mir fehlt der Flair, die Atmosphäre.

Der einzige Bereich, der mein Herz höher schlagen lässt ist der im Außenbereich befindliche Blumen und Obst-/Gemüsemarkt.

Langsam schlendern wir in die Altstadt. Sie ist wirklich schön. Kleine und große Gassen. Schöne alte Fassaden, nett hergerichtete Restaurants mit wunderschöner individueller Beleuchtung.

Auf dem Weg Richtung Stadtpark kommen wir an einem kleinen Center vorbei. Ein Friseur ist dort auch. Also nix wie rein. 30 min später komme ich mit neuer Frisur raus. Was ist das für eine Wohltat wieder was zu sehen und im Nacken keine Wolle mehr zu haben. Als wir in den Stadtpark kommen sehen wir viele Menschen in traditioneller Kleidung. Es ist ein Festival „Rigas ritmi“. Die Stimmung ist so schön. Sonne, fröhliche Menschen, Kinder die lachen und tanzen. Frauen und Männer, die singen und tanzen. Wir genießen diese Stimmung. Wie lange ist das her, das man so etwas mal in Deutschland gesehen hat? Soviel Harmonie, Freude. Und diese Menschen hier haben es sicherlich nicht leicht. Ich möchte nicht wissen, wieviel hier an der Armutsgrenze leben.

Aber ein Foto muss ich hier gesondert platzieren. Dieser Junge fiel mir auf. Er tat mir ein wenig leid bezüglich seines Kopfschmuckes.

Und mein Schatz, der hat diese Aufnahme von dem jungen Mädchen gemacht, was mir gefällt….

…und ich habe dieses Bild von meinem Schatz…

Auf dem Rückweg wollen wir den Fahrstuhl zu der Brücke nehmen. Als wir dort ankommen sehen wir, das ein junges Paar auf halber Strecke fest steckt. Oben stehen zwei Männer und gestikulieren mit Ihnen. Aber es ist ersichtlich, das sie Hilfe holen. Also gehen wir ein ganzes Stück zurück um auf die Brücke zu kommen; aber lieber so, als in der Sonne und bei Hitze in diesem Ding festzustecken. Als wir an dem Fahrstuhl oben vorbei kommen, sehen wir, das den Beiden geholfen wird. Wie sagt Micha: „Das gab die erste Beziehungskrise. Die sahen ein wenig zerstritten aus.“

Wir gehen noch bei Maxima einkaufen. Einen Einweggrill, Champignons und grobe Wurst. Noch zwei alkoholfreie Bier – mal wieder eine andere Sorte. Das macht richtig Spaß, die haben hier auch schon mehr als zwei Sorten. Aber wir genießen das Bier ohne die neuesten Snacks. Das hat Micha im Sortiment entdeckt:

Wir genießen dann mal lieber unser Schlemmeressen.

Ein schöner Tag, wie so viele – eigentlich jeder Tag – geht zu Ende. Zwei zufriedene Menschen (mit frischer Frisur).

Abfahrt. Wir wollen zur Kurischen Nehrung. Die Fahrt führt uns weiter entlang an der Ostsee. Es ist aber nicht schön und wird leider auch nicht besser. Micha nennt es mittlerweile grüner Tunnel. Gerade Straße, links und rechts Bäume. Mal ein gefällter Bereich, dann mal ein Feld oder auch ein Haus dazwischen. Das aber eher selten. Auf dem Weg liegen auch Campingplätze. Die meistens sind allerdings ohne Schatten, ohne Flair. Der ein oder andere Platz hat dann auch nur Plumpsklos. Kostet dafür nichts. Sind „öffentliche“ Zeltplätze.
Wir fahren dann noch ein gutes Stück weiter (mal wieder weiter als gedacht) und landen auf einem Campingplatz mit Restaurant und Tagesgästen. Der Strand ist hier besonders schön und die Anlage ist wirklich nett macht. Und wir können am Abend Fußball schauen.

Deutschland gegen Mexiko. Es gesellen sich noch weitere Camper zum Fußball schauen. Leider – wie man ja weiß – ist das Spiel nicht erquickend, das Ergebnis erst Recht nicht. Aber wir haben einen netten Abend mit einem Architektenehepaar aus dem Süden, die mit ihrem Defender mit Kabine unterwegs sind. Es ist immer wieder eine Freude, was man für Menschen unterwegs trifft, die das einfache Leben genießen, das Leben zu schätzen wissen und Freude haben.

Später machen wir noch einen kleinen Rundgang um den Platz.

Der Strand liegt still vor uns. Ein schöner Sonnenuntergang (mit auslaufendemWaser… die Kamera habe ich irgendwie ein wenig schief gehalten… passiert leider mal)

Am nächsten Tag geht es frisch erholt weiter. Es hat am frühen Morgen geregnet, jetzt ist aber schon wieder alles getrocknet. Ein sonniger, warmer Tag erwartet uns. Die Schranke, die das Areal abschirmt, hat für Fahrrad und Motorrad einen Streifen freigelassen, so das man diese umfährt. Wäre da nicht der Zaun, der leider auch ein wenig losen Kram auf dem Boden liegen hat. Die Schranke umfahre ich, aber die Zaunecke, die ist auf einmal so dicht bei mir… Kurze scharfe Bremsung… „Schatz, kannst Du bitte mal kommen…ich hab mich eingeparkt.“ Der Koffer ist 10 cm vom Zaun entfernt und ich möchte ihn noch eine Weile behalten. Micha kommt und manövriert Bobber da raus. Danke Schatz!

Die Fahrt geht zu der Fähre auf die Kurische Nehrung. Wir bezahlen 9,80 € für uns Beide und sind keine 10 min später auf der anderen Seite. Eine teure Überfahrt. Ist ja teurer als die Fähre über die Weser der von HB-Vegesack nach Lemwerder.

Jetzt sind wir also auf der Kurischen Nehrung. Diese Halbinsel wurde durch Wind und Wellen geformt. Aufgrund Ihrer einzigartigen Natur und besonderen Architekturen wurde diese im Jahr 2000 in die UNESCO-Liste des Weltkulturerbes aufgenommen. Unser Weg führt uns zu dem Campingplatz in Nida. Der Platz hat viele Fichten und ist nett angelegt. Die Toiletten und Duschen sind sauber. Herz, wat willste mehr.

Das Nachbarzelt gehört Jochen. Genau, der Jochen vom Citycamping Tallinn. Jochen fährt eine 18 Jahre alte BMW RT 1100, top im Zustand. Das gute Stück wird auch immer abgedeckt. Er hat sich ein Fahrrad für 12 € für 24 h gemietet und die Insel bereits ein wenig erkundet. Fahrrad? Cool. Zwei für
24 €? Teurer Spaß, aber warum nicht? Gesagt und getan. Morgen fahren wir Fahrrad.

Eine Frau kommt auf uns drei zu, als wir gemütlich vor unseren Zelten sitzen. Auf russisch fragt sie etwas. Sie kann kein Englisch, kein Deutsch. Wir kein Russisch. Mit Händen und Füßen wird kommuniziert. Anscheinend gibt es Probleme beim Zelt aufbauen. Jochen ist so lieb und geht mal mit. Was sich dann abspielt, ist Fernsehreif.
Es handelt sich um zwei russische Damen, die campen wollen. Das Zelt was sie in die Luft halten ist einwandig mit festem Boden. Ein Spitzdachzelt oder wie das heißt. Schwarz mit einem Skelett das rote Damenpumps trägt. Ich falle fast vor lachen um. Anscheinend haben sie aber nur die Hälfte vom Zelt mit. Jochen kommt zurück und sagt nur: „Zum Glück habe ich zu viel Wäscheleine mit. Da können wir Schnüre draus machen.“ Die passen aber auch super zu dem Zelt. Sind auch rot. Oh ich platze fast vor lachen. Das Drama nimmt seinen Lauf. Irgendwann kommt noch ein weitere Zeltnachbar und hilft. Und ich habe die ganze Zeit die Kamera drauf gehalten. Böse, ich weiß.
Wäre den Damen nicht geholfen worden, hätten wir das auch gemacht.

Der heutige Abend klingt im Restaurant auf dem Platz aus. Alkoholfreies Bier, Pizza, W-LAN und ein gemütlicher Platz.

Der Tag beginnt für mich schon traumhaft. Durch mein Deo angelockt flattert ein Schmetterling um mich herum. Ich halte die Hand ganz ruhig auf und er setzt sich darauf. Was für ein schönes Tier. Ein Blaukernauge. Da hüpft mein Herz vor Freude.

Auf geht es. Ordentlich in die Pedale treten. Es gibt hier ein bis zwei kleine Hügel. Mit dem Motorrad sind die uns nicht wirklich aufgefallen. Aber mit dem Fahrrad!?!?! Oh jemine. Da merkt man, das man für längere Zeit kein Sport gemacht hat.
Als wir im Ort Nida ankommen ist uns ein wenig warm und wir sind froh, das ein Lüftchen weht und die Sonne nur gelegentlich hervorschaut.

Im Hafen stehen Ausflugsboote. Für 10€ / Person fahren Sie einen an der Küste entlang zu der Wanderdüne. Diese grenzt direkt an Kalininggrad, so dass man auch direkt an der „Wassergrenze zu Kaliningrad“ schippert. Wanderdüne? Ja, Wanderdüne. Die zweitgrößte Wanderdüne Europas. Die Größte ist in Frankreich. Da kommen wir noch hin.

Das Boot fährt um 12:05 Uhr los. Eine Stunde dauert die Fahrt. Voraussetzung sind 6 Passagiere. Zur Zeit sieht es nicht ganz danach aus. Aber abwarten. Es ist noch eine Stunde hin. Wir radeln ein wenig an der Promenade von Nida lang. Das Wasser ist nicht blau, eher moosgrün. Der Wind weht jetzt ein wenig stärker. Ich erinnere mich an eine Überfahrt von England nach Holland und an meine Seekrankheit. Hoffentlich geht das gut. Fische füttern wollte ich nicht.

Als wir am Hafen wieder ankommen unterhält sich eine Frau nebst Mann mit dem Skipper von dem Boot. Ein anderes Ehepaar schaut auch auf das Schiff. Vielleicht werden es ja 6 Personen…. Und es klappt. Das Schiff legt pünktlich ab. Es ist ein kleines Boot. Nicht das übliche Touristenausflugsboot.

Abfahrt aus dem Hafen:

Der Skipper erzählt uns die Geschichte der Wanderdüne. Er zeigt uns Bilder, wie es vor Jahrhunderten ausgesehen hat und dann kommt etwas unerwartetes. Wir schippern auf Süßwasser. Ja richtig, Süßwasser. Das ist hier die Besonderheit. Eine weitere ist, dass die Wassertiefe relativ gering ist. Da es in diesem Jahr nicht viel geregnet hat, hat das Wasser stellenweise nur eine Tiefe von 80 cm.

Es ist schön die Düne von der Wasserseite zu sehen.

Keine 500 m von uns weg ist die litauische Wasserpolizei. Die gelben Bojen die wir sehen sind die Grenze zu Russland. Irgendwie cool. Das Blau des Himmels schimmert unter den weißen und grauen Wolken gelegentlich hervor. Dann lugt die Sonne ein wenig hervor und die Düne strahlt. Wirklich ein tollen Bild.

Zurück im Hafen. Ohne die Fische gefüttert zu haben schnappen wir uns die Fahrräder und radeln nochmal die Promenade entlang und dann weiter zu dem Nachbarort. Jochen hat uns gesagt, das es dort ein gutes Restaurant gibt. Man kann direkt am Wasser sitzen. Er würde gegen 13.00 Uhr dort sein. Wir waren bis nach 13.00 Uhr auf dem Boot, jetzt noch die 4 km zu dem Ort. Zum Glück hatten wir uns das noch offen gehalten. Als wir ankommen, bezahlt er gerade.

Wir schnacken noch ein bisschen und dann radelt er zum Campingplatz. Wir bestellen die hausgemachten Fischstäbchen, gebratenes Brot mit Käse und Knoblauch, Pommes und einen Crêpe. Ich kann es einfach nicht lassen. Ich liebe einfach Süßes. Egal zu welcher Tageszeit. Das Essen ist gut. Fröhlich radeln wir zurück. Noch fix was einkaufen und dann…. oh… da war ja noch was… der Hügel zum Campingplatz. Da ist der Crêpe gleich wieder abgearbeitet.

Der Tag ist noch jung und so radeln wir dann am Nachmittag nochmal zu der Düne hoch bzw. zu dem Anfang der Düne.

Und da wir noch ein wenig Energie haben gehen wir nochmal zu dem Strand. Ein traumhafter Strand. Wirklich schön. Da es immer noch ein wenig windig ist, hat die Ostsee schöne große Wellen. Dann dieser weiße, breite Sandstrand. Ich muss an Corinna, Stefan, Richard und Eileen denken. Wenn sie diesen Strand sehen würde, wäre sie hin und weg. Also Familie Gast: das wäre ein Urlaubsparadies für Euch.

So sieht es aus, wenn Frau vor lauter fotografieren vergisst das da auch mal Wasser kommt. ;-)) Aber so ist das, wenn man eine Fotoidee im Kopf hat und versucht diese zu realisieren. Mit etwas Unterstützung hat Kerstin es dann geschafft und dieses Ergebnis produziert:

Weiter geht es. Abreise. Es geht die 49 km zurück zum Festland. Auf dem Weg zur Fähre taucht eine grau weiße Baumlandschaft auf. In dem Bereich wo die Kormorane ihre Nester haben, sind die Bäume grau/weiß. „Das kommt durch den Kot der Kormorane. Das hat mir jemand erzählt, ich glaube Karl-Heinz“ sagt Micha. Ich recherchiere ein wenig, es macht mich neugierig. Der Kot soll extrem sauer sein, so dass die Bäume dadurch geschädigt und sogar absterben können. Wieder was dazu gelernt.
Als der Wald nochmal den Blick auf das Wasser freigibt sehen wir Schwäne. Aber nicht nur drei oder vier Schwäne. Nein, ich kann diese Schwäne nicht zählen. Soviel weiße Körper, die da im Wasser sind. Alte mit Ihren Jungtieren. In Estland waren es die vielen Kormorane, in Griechenland die Eichelheere, in Polen und Rumänien die Störche und hier Schwäne.

Als wir zu der Fähre kommen, springen die Ampeln gerade auf rot. Schade. In 20 Minuten geht aber die Nächste. Aaaaber…. der Herr von der Fähre winkt. Er nimmt uns noch mit. Klasse. Und dann stellen wir fest, das die Fährfahrt nicht mehr bezahlt werden muss. Auf der Hinfahrt wurde das bereits mit erledigt. Super. Dann war das ja gar nicht so teuer.

Wir wollen heute Litauen verlassen. Der Weg führt uns auf eine Bundesstraße und diese Bundesstraße nimmt kein Ende. Micha hat ausnahmsweise das Navi einfach mal routen lassen. Wir fahren nochmal ins Landesinnere um dann nach Polen zu gelangen. Wir müssen Kaliningrad umfahren, ja, aber das Navi macht einen riiiiesigen Bogen. Irgendwann sagen wir uns: Pause. Campingplatz suchen und Feierabend. Es sind mittlerweile über 30 Grad und wir können keine geraden Straßen mehr sehen.

Micha steuert einen Platz an und wir sind zufrieden. Ein schön angelegter Platz. Ein Schwimmteich, mehrere kleine Sitzgelegenheiten und Hängematten, Spielplatz und eine große Feuerstelle.

Der Rasen ist gepflegt und die Bäume spenden ausreichend Schatten. Und überall W-LAN-Empfang. Hier bleiben wir.

Am späten Nachmittag zieht sich der Himmel zu und der Wind frischt auf. Die Bäume biegen sich unter dem Wind und zur Sicherheit wird das Zelt noch mit vier weiteren Heringen befestigt. Es ist urgemütlich in unserem Zelt. Als der Regen darauf prasselt wird es noch gemütlicher.

Am nächsten Morgen ist der Spuk vorbei. Es ist noch ein bisschen windig und der Himmel hängt voller Wolken. Wir gehen zu dem Teich zu einer überdachten Sitzgelegenheit und machen es uns gemütlich. Es ist schon faszinierend was an Fotos und Film aufläuft. Aber es macht uns noch Spaß und so vergeht mal wieder ein Tag wie im Flug.

Die letzte Nacht in Litauen war schön. Jetzt geht es wieder nach Polen. Und dann? Wir wissen es nicht. Mal schauen, wo uns der Wind hinträgt.

Schreibe einen Kommentar