Nachdem die Fähre aus Island in Dänemark angelegt hat fahren wir direkt nach Hamburg. Der Service ist fällig. Bobber hat seinen 40tausender und Rosi ihren 60tausender Service. Der Händler Stüdemann in Hamburg hat uns direkt um 8.00 Uhr auf die Liste genommen und so sind wir um 14.00 Uhr fertig. Bis auf einen Zusatzscheinwerfer bei Micha, der defekt ist und getauscht wird, ist alles in Ordnung und so reisen wir weiter.
Auf dem Weg nach Ritterhude (es gibt einen Zwischenstopp bei meinen Eltern, Akkus aufladen) sagt Micha, dass etwas mit seiner Bremse nicht stimmt. Umdrehen ist schlecht, da wir fasst in Bremen sind. Also ab zum freundlichen in Bremen. Die Jungs sind so lieb und behandeln Rosi sofort. Jetzt aber los.
Es ist immer wieder schön Heim zu kommen. Meine Ma hatte gefragt, ob wir einen Essenswunsch für den Abend haben. „Frikadellen“ schießt es mir wie aus der Pistole raus. Meine Ma lacht. „Frikadellen? Da lauert dein Vater auch schon drauf…“ Als wir ankommen erwarten uns eine GROßE Portion Frikadellen. Lecker…. Danke Ma!
Als wir weiterreisen begleitet uns mein Vater mit seiner RS ein Stück. Ich finde es cool, mit meinem Pa Motorrad zu fahren. Als Kind hat er mich auch mitgenommen. Und jetzt fahren wir gemeinsam, jeder auf seinem Boxer!
Auf geht es nach Frankreich.
Wir fahren über Land. Bundesstraßen, kleine Nebenstraßen und auch mal quer durch den Ort. Kurvenreich ist im Navi eingestellt. Bei Kurvenreich fährt er nicht um einen Ort herum, sondern meistens durch oder einfach mal, weil eine Kurve mehr ist, einen Schlenker im Ort über den Marktplatz. Das ist wirklich schade, dass das Navi in einer Ortschaft so komische Schlenker fährt. Soweit scheint die Technik nicht zu sein. Wir regen uns darüber gar nicht mehr auf. So kommen wir langsam voran. Ja, wir wissen, wir haben Zeit. Aber wenn es Landschaftlich alles bekannt ist, die Straßen in der Regel gerade sind, dann wird man doch ungeduldig. 350 km fahren wir heute. Wenn wir das bis zu unserem ersten Ziel der Wanderdüne in Frankreich machen, sind wir in 5 Tagen immer noch nicht da. Wir überlegen uns, noch eine Nacht in Deutschland zu bleiben und morgen dann weiter. Also zelten wir dann doch noch eine Nacht in Deutschland, direkt vor der holländischen Grenze bei dem Ort Venlo. Der Campingplatz ist ziemlich verlassen. Die Saison ist um. Das merkt man. Aber es muntert uns etwas auf an diesem Abend. Das Essen!
Am nächsten Tag geht es auf die Autobahn. Natürlich gibt es auch in Holland und Belgien schöne Wege. Allerdings ist das alles „zum greifen Nah“ so dass wir uns jetzt lieber auf die weiter entlegenen Länder konzentrieren. Also rauf und los geht es. Zum Glück haben wir Tempomat…
In Frankreich angekommen gehen wir von der Autobahn und fahren über Land. Micha hatte mir gesagt, das es kein Spaß macht in Nordfrankreich Motorrad zu fahren, da es immer wieder Kreisverkehre gibt, das max. 80 kmh auf der Landstraße gefahren werden darf und die hier wie die Schießhunde kontrollieren und von hinten blitzen. „Ach, das kriegen wir doch hin. So schlimm kann es doch gar nicht sein“ sage ich. Und wisst Ihr was? Es ist SCHLIMMER. Mein persönlicher Alptraum. Das ist eine Strafe. Spaß macht das nicht. Ortschaft 50 km/h, normal, aber wenn dann mal keine Ortschaft ist (die Ortschaften reihen sich hier hintereinander an, der helle Wahnsinn) und eine kurze Strecke Landstraße kommt, ist garantiert ein Kreisel eingebaut. 50 km/h, Ausgang Ortschaft, 70 km/h, Ankündigung Kreisel, 50 km/h, wieder 70, dann 60 – Schild mit hier wird geblitzt 45 km -, 80 km/h (Geschwindigkeitsrausch!!!). Als wir Péronne erreichen wollen wir Schluss machen. Es reicht für heute. Kilometerdurchschnitt 50 km / 1 Std. Furchtbar.
Der Stadtcamping von Péronne ist sauber und gepflegt. Die Sanitäranlagen ein wenig in die Jahre gekommen, aber ok. Wir sitzen vor dem Zelt und genießen die Wärme. Seit wir aus Island zurück sind freuen wir uns über die wunderbaren Temperaturen auf dem Festland.
Zu essen gibt es das leckere französische Baguette mit Käse und Wurst. Wir gehen noch zu der Bar. Leider gibt es kein Bier „Free of alcohol“. Das ist hier eher eine Ausnahme. Kurz im FreeWifi alles gecheckt und ab ins Zelt.
Es hat morgens ein wenig geregnet. Jetzt kommt langsam die Sonne heraus. Wir freuen uns beide nicht auf diesen Fahrtag. Wenn wir so weiterfahren sind wir erst in 2 Tagen am Wunschort. Aus diesem Grunde beschließen wir dann auf die Autobahn zu gehen. Uns ist die Maut jetzt egal. Diese Landgurkerei ist aber auch ein Alptraum. Der Anfang aus Péronne zu der Autobahn war schön. Kleine Straßen, sogar ein wenig Kurven und ein paar Hügel. 20 min machte es Spaß. Dann war wieder Kreisel, kurze Gerade, Kreisel… angesagt. Und die meisten Teilnehmer am Verkehr hatten den rechten Fuß noch nicht wach bekommen. Beschleunigen aus dem Kreisel? Ach nee…. Zum Glück ist jetzt die Autobahn erreicht. Knapp 60 Euro Autobahngebühren lassen wir an diesem Tag in die Kasse von Frankreich fließen. Egal, wir sind fast an unserem ersten Ziel. Der Rest der Anfahrt gestaltet sich dann nochmal schön. Die D38 ist eine kleine Straßen durch flache Wiesen und Felder. Auf den Weiden stehen sehr viele Kühe. Große Bauernhöfe stehen hier und da. Unser Ziel Ile De Noirmoutier. Wir stehen bei der Zufahrt Beauvoir sur Mer und haben eine wunderschöne Aussicht.
Die Sonne neigt sich und taucht die Landschaft langsam aber sicher in ein warmes, goldenes Licht. Unser Ziel liegt vor uns, ist aber nicht mehr zu erreichen. Die See hat die Straße bereits wieder in Beschlag genommen.
Auf dem Campingplatz bekommen wir einen Tidenkalender. Leider werden wir die Straße nicht fahren. Morgen gegen 11 Uhr kann man erst fahren. Noch eine Nacht hier verbringen? Nein.
Der Platz hat neben der Rezeption eine kleine Bar und die bieten auch Pizza und Co an. Fein. Micha holt uns Pizza und ich muss sagen, dass das die fettigste Pizza war, die ich je hatte. Aber wir sind satt. Die Fettreserven sind für die nächsten Monate aufgefüllt.
In der Nacht hat es wohl ein paar Tropfen geregnet und es ist auch kühl geworden. Das Zelt ist auch von innen klitschnass. Also gemütlich frühstücken und dann könnte es trocken sein, die Sonne lacht bereits über den Bäumen. Beim Rundgang um das Zelt sehe ich dann noch, dass das Zelt wirklich beschissen ist. Die ganze hintere Partie ist von Taubenkot bestückt. Da hatte wohl jemand Durchfall.
Das Zelt ist gereinigt und trocken und weiter geht die Reise zu der Wanderdüne. Über die Anfahrt kann ich gar nicht so viel schreiben. Am Anfang war es wieder das gleiche Drama mit den Kreisverkehren, dann kamen wir in die Nähe von Bordeaux und dort die kleinen Wege durch die Weinberge, die kleinen Dörfer und Felder waren traumhaft. Leider zu kurz. Um Bordeau war es dann ein Krampf. Sperrungen, Umleitungen, Staus… Der helle Wahnsinn. Und das bei schlanken 30 Grad. Vielleicht habe ich deshalb diesen Fahrtag verdrängt. Aber als wir dann an unserem Ziel ankommen und ich diese Düne vor mir sehe, bin ich sprachlos. Was für ein Anblick. Hammer. Sofort Handy raus und Knöpfchen gedrückt.
Wir bekommen den Platz K10 zugewiesen. Als wir davor stehen, besteht dieser hauptsächlich aus Sand. Hier ein Zelt aufbauen? Micha geht nach vorne. Der neue Platz hat die L9. Gleich gegenüber von dem ersten Platz. Aber was ist das? Da steht ja schon ein Zelt! Micha geht wieder nach vorne. Er kommt mit dem Los Nr. L11 zurück. Und siehe da: Passt! Wenn wir aus dem Zelt gucken, schauen wir direkt auf die Wanderdüne und die Heringe für das Zelt haben auch halt. Rosi und Bobber sind gegenüber geparkt.
Es ist schon spät als wir unser Baguette mit Käse und Wurst essen. Aber es ist traumhaft schön. Diese Aussicht, das Wetter. Es ist warm, der Himmel wird langsam dunkel, die ersten Sterne tauchen am Himmel auf. Auf der Düne sieht man auf dem Kamm noch Umrisse von Menschen. Ein Märchenabend.
„Ksch, raus Du Viech“ höre ich neben mir und bin sofort wach. „Da ist ein Hund im Zelt“ sagt Micha. Flink das Innenzelt geöffnet und geschaut. Nix zu sehen. Micha schaut zu dem Seitenfenster raus und sagt: „Da sind Wildschweine.“ Bitte was?!? Veräppeln kann ich mich alleine…. ein Blick und ja, Wildschweine, die unseren Müllbeutel vom Zelt „losgemacht“ haben und nun Resteverwertung machen. Und nu? Zelt unten ein wenig aufmachen und erstmal ein Foto… und dann mal gucken. Wir machen Krach, klatschen in die Hände, hauen die Schuhsolen gegeneinander und zerdrücken Plastikflaschen. Das stört die Schweine aber nicht. Seelenruhig gehen sie zum nächsten Zelt. Aus diesem Zelt ertönt Gebell, vom Feinsten. Das interessiert die Viecher anscheinend auch nicht. Wir krabbeln raus. Micha hat sich mit einem Beil bewaffnet.
Nun sehen wir ein kleines Theater. Die Camper aus dem kleinen Iglozelt, das mit zwei Personen und einem Hund belegt ist, werden auch aktiv und öffnen die Zeltluke. Der Hund ist an der Leine, bellt wie verrückt. Ein jüngeres Wildschwein steht dem Hund fast gegenüber und wackelt mit seinem kleinem Stummelschwänzchen hin und her. Wie ein Hund, der sich freut. Auch die Zweibeiner werden etwas lauter. Die Schweine ziehen langsam weiter zum nächsten Zelt. Die Iglo-Camper stehen vor ihrem Zelt und schauen sich die Schweinerei ein. „Warum hast du denn das Essen nicht reingestellt“ fragt der Mann seine Frau. Wir müssen uns echt zusammen reißen, das wir jetzt nicht losbrüllen vor Lachen. Diese Camper waren eh einmalig. Was die in dem kleinen Zelt mit hatten, war schon der Knaller. Nicht nur der Hund wohnte mit im Zelt, nein, auch richtige Bettwäsche, Nachttischlampe, mehrere Matten und und und. Als die das Zelt ausräumten und den Wagen einräumten fragt ich mich, wie die das alles in das Zelt bekamen.
Gestern beim Fahren hatten wir ein Bombenwetter. Sonne satt und 30 Grad. Heute wollen wir nicht fahren und würden uns über Sonne freuen. Aber zur Zeit ist es bedeckt und kühl. Andersherum wäre das besser gewesen. Na ja. Wir sind ja nicht bei Wünsch Dir was, sondern bei so isses. Und im Laufe des Tages soll es besser werden.
Micha holt vorne aus dem kleinen Laden Baguette und Croissants. Hach, dass das aber auch so lecker hier ist. Warum bekommen wir das in Deutschland nicht so lecker hin? Genüsslich frühstücken wir.
Der Himmel klart sich langsam auf. Gegen Mittag lugt die Sonne auch mal hinter den Wolken hervor. Wir beschließen auf die Düne zu gehen. Als ich gestern das erste Mal vor diesem Massiv aus Sand stand, habe ich zu Micha gesagt: „Mindestens eine halbe Stunde brauch man da hoch. Der lose Sand, die Steigung. Das ist schon eine Menge.“ Micha sagte, das man das unter einer halben Stunde schafft. Na dann wollen wir das jetzt mal testen. Eigentlich könnten wir direkt vom Zelt aus hoch krabbeln, aber Micha möchte noch ein Stück runter gehen. Den Grund erkenne ich dann auch. An der Düne liegt eine Treppe, die das besteigen der Düne vereinfachen soll. Na, so schafft man das auch in einer halben Stunde (und noch weniger).
Oben angekommen ist es grandios. Diese Massen an Sand sind beeindruckend, die Sicht auf die Bäume ist umwerfend und die See und Sanddünen, die zu der anderen Seite liegen einfach Südsee pur.
Wir laufen ein wenig auf dem Kamm der Düne. Es ist angenehm warm, ein leichter Wind geht. So lässt es sich gut aushalten.
Als wir langsam den Rückweg anpeilen sind wir beide gespannt, wie das wohl wird. Es geht steil runter und der Sand ist so fein. Wir haben andere beobachtet und man hat viel gesehen und sich gefragt, was die das wohl machen. Rollend, rutschend und springend sind die Leute da runter. Mhhh… jetzt wir. Und wir glauben, dass das am Sand lag. Keine 5 Meter sind wir runter, da hüpfen wir, springen wir, rollen wir und lachen lachen lachen… Leider ist der Weg runter viel zu kurz…
Der Rest des Tages wird mit Fotobearbeitung, lesen und schreiben verbracht. Am Abend gibt es Brotzeit und wir beschließen noch eine Nacht zu bleiben.
Der neue Tag beginnt ohne Wildschweine. Die Sonne lacht bereits am Himmel und wir genießen unser Frühstück vor dem Zelt. Uns geht es so gut. Immer wieder sind wir glücklich, das wir das alles erleben können.
Heute werden wir die Düne von hier aus besteigen. Ich muss das doch mal mit der halben Stunde testen, ohne Treppe. Und ich verliere. Es kommt einem wie eine Ewigkeit vor, wenn man diese steile Sandwand hoch geht (einige krabbeln wirklich auf allen Vieren da hoch). 20 Schritte in dem Sand und ich muss eine Pause einlegen. So geht es Stück für Stück hoch. Als ich oben ankomme grinst mich Micha an. 12 Minuten habe ich gebraucht. Er nur 9 Minuten. Definitiv unter einer halben Stunde. Das hätte ich nicht gedacht.
Micha lässt Shark in die Luft, ich selber liege kurz hinter dem Kamm mit dem Blick auf das Meer. Es ist einfach wunderschön.
Nach einer Stunde treten wir den Rückweg an und freuen uns schon richtig. Gestern war es schon ziemlich lustig. Und es wird noch lustiger. Micha schiebt mich von hinten an und ich rutsche los. Dann kugel ich ein Stück und so geht es die Düne runter. Kurz vor dem Ende kommt Micha ins stolpern und landet mit dem Gesicht im Sand. Jetzt sieht er aus wie Mr. Jeckl und Mr. Heyde in Sandmaske. Zum Schreien komisch. Ich selber habe auf einmal gut geformte Bauchmuskeln, aus Sand. Das Ganzkörperpeeling wäre in einem Schönheitssalon sicher sehr teuer. Hier kostenlos! Den Sand werden wir noch lange in irgendwelchen Taschen finden.
Was für ein grandioser, lustiger und doch erholsamer Tag. Diesen Tag lassen wir bei einem Abendessen vorne in der Bar ausklingen.
Die Reise führt uns heute über die Pyrenäen nach Pamplona. Ja, wir verlassen Frankreich. Ich weiß einfach nicht, wie ich hier fahren soll. Fahre ich „vorschriftsmäßig“ bin ich ein Hindernis. Fließe ich im Verkehr mit, dann habe ich das Gefühl bereits ein Ticket in der Post zu haben. Micha verzweifelt bei meiner „Ich-weiß-grad-nicht-wie-Methode“. Erst als wir die Berge erreichen wird es besser. Und noch besser, als wir Frankreich hinter uns lassen. Allerdings eines muss man sagen. Auf den Campingplätzen waren immer alle sehr freundlich. Man wurde gegrüßt und es wurde gelächelt. Das erlebt man nicht mehr so oft. Das Baguette und die Croissants sind umwerfend. Und in einer Schlachterei hatten wir dann noch hausgemachte, luftgetrocknete Salami und Schinken mitgenommen, was für ein Leckerbissen. So hatten wir am Abend in Pamplona ein Festmahl aus Frankreich.
Für mich nehme ich mit, das ich Frankreich vom Essen her mag, im Norden nie wieder mit dem Motorrad oder mit anderen Verkehrsmitteln selber fahren würde, max. als Beifahrer. Die Pyrenäen – sofort wieder. Wir haben nur eine kleine Ecke „angekratzt“, diese war aber bereits ein Traum. Wirklich klasse. Französiche Seealpen, auch gerne wieder.